[Christ, der das erste Drittel von Zeitgeist gesehen hat]
Ich gebe zu, dass ich ernsthaft Schwierigkeiten mit dem Film habe. Natürlich ist die Warnung in Deinem Blog geradezu eine Einladung, sich den I. Teil umso intensiver anzusehen.
Deine Vermutung, er könne religiöse Gefühle verletzen, ist vollkommen berechtigt. Das tut er. Er verletzt die religiösen Gefühle eines Menschen, der an den (Zitat aus dem Film) "Kerl" aus Nazareth glaubt, der gesagt hat, die Menschen sollen ihren nächsten lieben wie sich selbst, sogar ihre Feinde, sie sollen gütig zueinander sein und aufrichtig, jeder solle so zu den Menschen sein, wie er wolle, dass sie zu ihm seien.
Aber er verletzt auch die Intelligenz. Vor allem ist dem 1. Teil des Films eines vorzuwerfen: er ist mindestens so eklektizistisch wie er es zu sein dem Christentum vorwirft. Die Autoren suchen tendenziös -und zwar hochgradig tendenziös- aus allen möglichen Religionen der Welt Partikel zusammen, um Analogien herzustellen. Dabei verdrehen sie Fakten und Glaubensinhalte bzw. verschweigen bewusst entscheidende Unterschiede, um ihr Konstrukt aufrecht zu erhalten. Manche angeblichen Widersprüche werden konstruiert. Nur ein Beispiel: sie werfen vor, in der englischen Bibel würde das Ende der Zeit prophezeit, weil Christus bis "zum Ende der Zeit" bei den Menschen sei. Angeblich hieße es eigentlich ‚Aera‘, also Zeitalter, und Christus sei eben bei den Menschen bis zum Ende seines Zeitalters. Okay. Die englische King James Bible mag falsch übersetzt sein, aber die Autoren machen einen anderen simplen Fehler. Es heißt im griechischen Original nicht aeon, sondern Aeonos im Plural. Ich bin bei Euch bis zum Ende der Zeitalter = aller Zeitalter.
Solche Verdrehungen reihen sich aneinander. Im Film wird gesagt, man wolle nicht boshaft sein, sondern aufrichtig, man wolle niemandes Gefühle verletzen, sondern akademisch sein. Das ist blanker Hohn. Bestritten wird in dem Film sogar die Historizität der Figur Jesu Christi. Losgelöst von der Frage, ob der galiläische Zimmermann Gottes Sohn war oder nicht, wird bestritten, dass er überhaupt existiert habe. Die Autoren machen sich immerhin die Mühe, vier Historiker und Zeitzeugen zu nennen, die in ihren Schriften Christus erwähnen. Während die Quellen bei Tacitus, Sueton und Plinius bagatellisiert werden ("nur wenige Sätze") und mit der Bezeichnung "Christus" sonst wen gemeint haben können, der in dieser Zeit in Palästina gelebt und gewirkt hat, wird die gesamte Quelle Flavius Josephus, eine der noch heute für die Altertumswissenschaft wichtigsten Quellen überhaupt, als Fälschung bezeichnet. Das hat immerhin Chuzpe. Ich möchte nicht fortfahren (obwohl das schon sehr verlockend ist), aufzuzählen, was weiterhin im ersten Teil des Films entweder grundlegend falsch ist - erkennbar und objektiv falsch - ich rede gar nicht von "Glaubens"inhalten sondern sprachlichen oder historischen Fehlern. Ich möchte damit nur zeigen, dass zumindest der I. Teil des Films eben nicht akademisch, nicht aufrichtig ist.
"Jeder sollte frei sein, an das zu glauben, wovon er oder sie überzeugt ist." Okay. Aber, wenn man den Glauben mit Spott und Zynismus überschüttet und mittels Lügen und willkürlichen Behauptungen desavouiert, raubt man demjenigen, der glaubt, die Freiheit, sich in Würde zu seinem Glauben zu bekennen.
Damit machen sich die Autoren des Films schuldig - und zwar der Manipulation.
Du sagst, Christen sollten besser den ersten Teil überspringen. Aber ich kann dem Film unmöglich im weiteren Verlauf Vertrauen schenken, wenn ich im ersten Teil so an der Nase herumgeführt werde. Die richtige Antwort gegen Manipulation kann unmöglich Manipulation sein.
[Antwort von Rising Truth]
Mit dem ersten Drittel des Films bin ich überhaupt nicht einer Meinung und finde, daß der Macher des Films, Peter Joseph, dort
- etwas sehr kontraproduktives gemacht hat. Um Leute für eine Veränderung zu begeistern, kann man nicht den Großteil der Leute beleidigen! Außerdem ignoriert er z.B. die im Christentum geforderte Nächstenliebe, Güte und Aufrichtigkeit oder die Tatsache, daß der letzte und der jetzige Papst die sozialen Verwerfungen und die Kriege mehrmals in aller Deutlichkeit kritisiert haben.
- sich selbst widerspricht. Einerseits wettert er gegen Religion, andererseits scheint er Sonnenanbetern dort Raum zu geben. Man kann sich nicht als Atheist hinstellen und dann aber eine andere Religion promoten.
- nicht gut recherchiert hat. Andererseits hat er das inzwischen auch selbst zugegeben.
Ich bin froh, das du mich auf die Fehler im ersten Drittel von „Zeitgeist“ aufmerksam machen kannst, denn dadurch wird man klüger. Einige Menschen, die ich am meisten bewundere, sind Christen - z.B. Oscar Romero (Bild oben), der genau diese Nächstenliebe, die mir so wichtig ist, durch seine Handlungen verkörpert hat und dafür ermordet wurde (siehe Artikel über Südamerika auf diesen Seiten).
Was ich will, ist, Denkanstöße zu geben und Dinge zu schreiben, an denen man sich argumentativ reiben kann, um sich in Folge dessen damit auseinanderzusetzen und seinen eigenen Standpunkt weiterzuentwickeln, in welche Richtung auch immer.
Ich habe bisher den Film „Zeitgeist“ absichtlich nicht in den Blog gestellt, weil ich genau wegen dem ersten Drittel starke Bedenken hatte. Es ging mir bei dem betreffenden Blogeintrag im Grunde nur um den zweiten Film „Addendum“, der in der ersten Hälfte das Geldsystem erklärt und in der zweiten Hälfte Lösungen aufzeigt. Da bisher immer nur im Internet diskutiert wurde, was alles falsch läuft, erschien mir dieser Film "Addendum" als der erste Film, der wirklich Lösungen aufzeigt und eine positive Richtung aufzeigt.
Ich habe letzte Woche ein Interview zwischen dem „Zeitgeist“ und „Addendum“ - Macher Peter Joseph und dem Macher von „Truth Rising“, „Endgame“ und „Terrorstorm“, Alex Jones gehört. Und die beiden haben sich heftig gestritten. Alex Jones ist Christ und hat - wenn auch nicht so gut in der Argumentation - Peter Joseph regelrecht auseinandergenommen. Es war für mich sehr interessant, beide in einem solchen Streitgespräch zu hören, da jeder für sich genommen eine Ikone beim Kampf gegen die Bankendominanz ist. Ich ziehe mir aus den Filmen das heraus, was ich für sinnvoll halte und glaube auch, dass andere ebenso verfahren.
Bei Alex Jones ist es die Aufklärung darüber, wann, wo, wer und mit welchen Mitteln die Menschheit dem Geld untergeordnet hat, was die Finanzelite in Zukunft vorhat und wie man sie bekämpfen kann.
Bei "Addendum" wiederum ist es, daß Lösungen für die globale Energieversorgung, für weltweite Transportsysteme, für ökologische Probleme und für die Beseitigung himmelschreiender Ungerechtigkeiten in der Wirtschaftsordnung schon längst vorhanden sind und die Menschheit nur den Willen aufbringen muß, diese umzusetzen und sich darauf zu konzentrieren.
Was mich an Alex Jones stört, ist, daß er den Menschen, so wie er jetzt ist, nimmt und sagt, das man an diesem Naturell nichts ändern könne und das es ausreicht, wenn man korrupte Eliten absetzt - anstatt das Wirtschaftssystem zu betrachten, das Gier und Betrug so massiv fördert und an den Ursachen anzusetzen, die wahrscheinlich immer wieder zu solcher Korruption führen werden (Alex Jones ist Verfechter des freien Marktes und eher auf der konservativen Ron-Paul-Linie zu verorten). Und mich stört, daß er für Waffen in den Händen der Bürger ist, auch wenn ich ein gewisses Verständnis angesichts der Abwehr einer präfaschistischen Regierung nicht leugnen kann.
Bei Peter Joseph stört mich massiv, daß er alle Religionen (nicht nur das Christentum, wenn auch am stärksten) per se als Hindernis auf dem Weg zu einer besseren Welt betrachtet, während viele Dinge, die ich als Verbesserung der Welt sehen würde, wie das Verbot des Zinssystems und Nächstenliebe, in mehreren Religionen schon angelegt sind und nur nicht beachtet werden. Gerade das Verbot des Zinssystems widerspricht der These, daß Religionen von sich aus das gegenwärtige Herrschaftsmodell unterstützen.
Es gibt viele Menschen, die sich solche Filme zu unkritisch anschauen, nur weil sie nicht von den Mainstreammedien kommen, so nach dem Motto: Der Feind meines Feindes...
Der einzige Film, mit dem ich mich wirklich nahezu komplett identifizieren kann, ist der im darauffolgenden Artikel über das Grundeinkommen. Nahezu, aber auch nicht zu 100%.
Im englischsprachigen Raum hat Peter Joseph viel Feuer abgekriegt für dieses erste Drittel aus „Zeitgeist“, was ihn gezwungen hat, nochmal ein Auge auf die Quelle des ersten Drittels von „Zeitgeist“ zu werfen (er hat es übernommen aus "The Naked Truth", es stammt nicht von ihm selbst). Obwohl es das Beste an seiner Stelle wäre, den ersten Film dahingehend zu überarbeiten, das erste Drittel herauszunehmen und dafür dem letzten Drittel mehr Zeit zu geben (Geschichte der Federal Reserve).
Es ist kaum möglich, einen Film oder ein Video in den Blog zu stellen, der deckungsgleich mit der eigenen Meinung ist. Z.B. wenn ich ein Video mit Norbert Blüm poste (z.B. "Rentenangst"), dann heißt das nicht, das ich einer Meinung mit der CDU oder Norbert Blüms früherer Politik bin. Wenn ich positiv darüber schreibe, daß Ron Paul von den US-Republikanern die Federal Reserve abschaffen will, dann heißt das nicht, das ich für Waffen oder ein privates Gesundheitssystem bin. Und so ist es eben auch mit Peter Joseph und Alex Jones.
Ja, du hast völlig recht: Man kann Manipulationen nicht mit Manipulationen begegnen. Das finde ich genauso verwerflich, wie einen Mörder zum Tode zu verurteilen. Wenn man so etwas tut, ist man keinen Deut besser als das, was man verurteilt. Als ich im Blogartikel ursprünglich geschrieben habe, daß Christen das erste Drittel überspringen sollen, weil es ihre Gefühle verletzt, hätte ich mir die Zeit nehmen sollen, zu erklären, warum. Und warum es besser wäre, wenn alle, nicht nur Christen, das erste Drittel überspringen sollten (inzwischen erledigt). Als ich das geschrieben habe, war ich gedanklich schon ganz woanders (nämlich bei den Lösungen in "Addendum"). Genauso eine Zumutung wie für dich diese von Peter Joseph geliehenden Ausschnitte zum Christentum ist z.B. für mich die Sichtweise von Alex Jones im Film "Endgame" an den Stellen, wo es um Realsozialismus geht, wo er die Finanziers von Lenin und Stalins Gulags mit den Idealen einer egalitären Gesellschaft gleichsetzt mit dem, was in der Sowjetunion real existierte - ich würde das eher als Staatsmonopolkapitalismus mit wissenschaftlicher "Elite", die sich vom Volk undemokratisch in einem Bürokratieapparat abgekapselt hatte und Andersdenkende antihuman verfolgt hat. Das ist genauso unzulässig, als ob man die Kirche auf die Inquisition reduziert.
Die Gefahr des Totalitarismus klopft in den USA schon jetzt an die Haustür, und die Not ist daher auch größer, etwas dagegen zu unternehmen. Daß in den Filmen dann Dinge vermischt werden, wie z.B. Ablehnung von Geldmacht-Dominanz und z.B. Gegnerschaft zu egalitären Alternativgesellschaftsmodellen oder Gegnerschaft zu Religion, ist für mich im Eifer des Gefechts nicht begrüßenswert, aber ich kann deswegen die guten Ideen daraus nicht gleichfalls beiseiteschieben.
Das Alte demontiert sich gerade auf vielen Ebenen selbst, und daher ist die Zeit noch nie so günstig gewesen, für Verbesserungen einzustehen, wie jetzt. Im Grunde endet gerade ein jahrhundertelanger wirtschaftlicher Kettenbriefbetrug, und Menschen werden ins Elend gestürzt. Gerade in einer solchen Zeit braucht es meines Erachtens ein positives Zukunftsbild, so daß sich die Menschheit in der kommenden Krisenphase nicht selbst zerfleischt mit den barbarischen Mitteln, die ihr zur Verfügung stehen.
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