Mittwoch, 2. Juli 2008

Die Riester-Rente rentiert sich für Riester - oder das Feuern der Lüge aus allen gleichgeschalteten Rohren

Wie erkennen Sie persönlich defacto gleichgeschaltete Medien in Deutschland? Nehmen wir zum Einstieg etwas allseits bekanntes: die Privatrente, egal, ob nun "Riester" oder "Rürup" draufsteht. Trotz aller negativer Erfahrungen im Ausland wird sie hierzulande kritiklos als die Lösung des "Alterungsproblems" angepriesen. Die Begründung lautet: weil zukünftig immer weniger Arbeiter für immer mehr Rentner aufkommen müssen, ist die herkömmliche umlagefinanzierte Rente nicht mehr tauglich, und jeder soll selbst vorsorgen. Wenn sie diese Begründungen lesen, können Sie sich sicher sein, daß die Zeitung bzw. Zeitschrift gleichgeschaltet ist oder - nicht weniger schlimm - der zuständige Journalist unkritisch Versicherungskonzern-Propaganda übernommen hat. Natürlich darf wieder TINA nicht fehlen: There is no alternative.
Ich möchte Ihnen nun begründen, warum es auch hier Alternativen gibt, und warum die private Rente keine Lösung darstellt.
1. Wir haben kein Überalterungsproblem. "Demographie" ist eine Scheinwissenschaft, basierend auf gekauften Gutachten und medialer Propaganda. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich ignoriere nicht, daß Menschen tatsächlich älter werden. Das ist ein Grund zur Freude und nicht zur Sorge. Aber vielleicht ignorieren die Massenmedien, daß diese Entwicklung keineswegs neu ist und in der Vergangenheit sogar noch stärker aufgetreten ist. Schauen Sie sich mal an, wie viele Menschen zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Rentenalter erreicht haben und das Zahlenverhältnis der Rentner zur arbeitenden Bevölkerung. Aber warum wird dann heute etwas als Problem dargestellt, was zuvor viel stärker aufgetreten ist? Weil heute eine weitere wichtige Variable in all den Scheinberechnungen unterschlagen wird: der jährliche Produktivitätszuwachs. Oder einfach gesagt: Jedes Jahr können durch technischen Fortschritt und neue wissenschaftliche Erkenntnisse immer weniger Menschen immer mehr produzieren. Konnte beispielsweise zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Bauer durch seine Tätigkeit die Anzahl der Menschen, die er ernähren konnte, an seinen beiden Händen abzählen, so brauchte er Ende des 20. Jahrhunderts schon ein Vielfaches von Händen, um die Menschen, die er versorgen könnte, zu zählen.
Den jährlichen Produktivitätszuwachs bei den Berechnungen zur Rente einfach wegzulassen, so wie es die Versicherungskonzerne wie Allianz & Co. tun, ist unredlich und dumm. Damit kann man nur durchkommen, wenn man seine Finanzmacht einsetzt, um wohlwollende Berichterstattung in Zeitungen, Zeitschriften, Radio und Fernsehen über Werbeanzeigen zu kaufen (oder zu drohen, daß zukünftig diese Anzeigen wegbleiben) und über Lobbyisten und nachgelagerte Bestechung (hochbezahlte neue Jobs für ehemalige Politiker, die zuvor an Versicherungskonzernfreundlichen Gesetzen mitgewirkt haben) die gewünschten politischen Rahmenbedingungen zu erhalten. Wenn die Menschen dann aus allen Richtungen denselben Unsinn hören, halten nicht wenige diesen Nonsens für die Wahrheit. Die eigentliche Wahrheit sieht so aus: Die alte staatliche Umlagerente hat Verwaltungskosten von 1,5 Prozent. Bei Privatrenten müssen Sie den Versicherungsvertreter, die Manager, die Glaspaläste, die Konzernrendite, die Lobbyisten, die Reklame und die gekauften Politiker mit bezahlen. Das macht schon mitunter satte 20 Prozent der monatlich angehenden Privatrentenersparnisse aus. Das gleicht nicht einmal die staatliche Förderung von Privatrenten aus - ein weiteres Finanzgeschenk des Steuerzahlers an die Versicherungen. Würde man diese staatliche Förderung wieder zurückleiten in die Umlagerente, dann gäbe es keine Armutsrenten!
Sie halten das Kaufen der Politiker, die sich für Privatrenten eingesetzt haben, für eine böswillige Unterstellung? Dann schauen Sie sich doch einmal die Nebentätigkeiten von Herrn Walter Riester an. Nur der kleinere Teil seines Einkommens ist die Abgeordnetendiät. Wem Riester sich wohl mehr verpflichtet fühlt, darf jeder Leser selbst entscheiden.
Norbert Blüm wird gern für seinen Satz belächelt: "Die Rente ist sicher." Das war sie auch, bis sie durch politische Entscheidungen absichtlich unsicher gemacht wurde, um die "Notwendigkeit" von Privatrenten zu begründen. Es wurde absichtlich ein Problem geschaffen, um dann eine - natürlich profitable - Lösung anzubieten. Diese Vorgehensweise finden Sie übrigens in vielen Bereichen wieder. Ich nenne nur exemplarisch die Bereiche Gesundheit (Unterfinanzierung der Versorgung der Menschen und Überfinanzierung der Pharmakonzerne als Begründung für Eigenbeteiligung, Praxisgebühr und Zusatzversicherungen), Bildung (Ausblutung der Universitäten als vorbereitender Grund für Studiengebühren) oder Militär (Provokation von Konflikten oder humanitären Notlagen, auf die man dann "reagieren" muß).
Aber selbst wenn Sie unbedingt privat für ihren hoffentlich langen und schönen Lebensabend vorsorgen wollen, dann ist ihr Geld bei den meisten Tagesgeldkonten auch ohne staatliche Förderung profitabler angelegt - und sie können jederzeit an das Geld herankommen, ohne riesige Abschläge hinzunehmen. Wenn Sie nämlich aufgrund von Notfällen oder unvorhergesehenen Lebenslagen vor ihrem Rentenalter an das Geld herankommen wollen, geht Geld verloren: in vielen Fällen sind es 8000 oder mehr Euro, die schon am Anfang an die Versicherung gehen, um den Makler zu bezahlen oder die staatliche Förderung zurückzuzahlen, die dann verloren geht u.s.w..
Sind private Renten denn wenigstens sicher? Auch diese Frage muß verneint werden. Ihr Geld wird nämlich ins internationale Finanzcasino gespeist. Wie volatil und unsicher das ist, können wir in diesen Zeiten überall, sogar in den Mainstream-Medien sehen. Hatten denn andere Länder mit privater Rente Glück? Wenn sie jemanden aus Großbritannien fragen, wird er oder sie es wahrscheinlich verneinen. Geht so ein privater Rentenanbieter Pleite, ist ihre Privatrente weg. Die beworbene Rendite sehen die wenigsten, und die, die ihre Privatrente ausgezahlt kriegen, sehen oft nur den Mindestsatz, der im Kleingedruckten steht, wieder. Der damalige chilenische Präsident Lagos (Chile war unter Pinochet das erste Land, das in den letzten Jahren weitgehend auf Privatrente umgestellt wurde) besuchte 2005 Deutschland und riet in einem Interview von diesem Weg ab. Das war den meisten Zeitungen nur eine Randnotiz wert, wenn überhaupt.
Wenn Sie neben der üblichen Riester-Propaganda etwas Verlangen nach Wahrheit haben, dann empfehle ich Ihnen folgende Sendung, die leider zu selten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausgestrahlt wurde:

Rentenangst Part 1
Rentenangst Part 2
Rentenangst Part 3
Rentenangst Part 4
Rentenangst Part 5

Unter www.nachdenkseiten.de finden Sie einen reichhaltigen und aktuellen Fundus an Artikeln und Berechnungen zu diesem Thema. Hier eine Vorauswahl:
- Blüm antwortet Riester
- Ein Teil der jungen und mittleren Generation glaubt wirklich, die Alten lebten
auf Kosten der Jungen …

- Norbert Blüm: „Feuerwehr als Brandstifter – Die Privatisierung frisst ihre
Kinder“

- Mackenroth-Theorem-Folien-Präsentation oder warum Demographie eine Scheinwissenschaft ist
- Deutschlands größte Blase ist vermutlich die private Altersvorsorge - weil sie
beim Platzen die breiteste Wirkung erzielt

- Ein weiterer Brief von Norbert Blüm an den Chefredakteur der Bild-Zeitung
Dieckmann

- Interessenverflechtung zwischen Versicherungskonzernen und Demographie'wissenschaftlern'
- Rürup als Werbeträger des Finanzdienstleisters MLP
- Reinhold Beckmann ist in Diensten der Versicherungswirtschaft und nutzt die ARD
im Sinne der Privatvorsorge

- Über die selbst besorgte Gleichschaltung eines Mediums, hier des Bayerischen
Rundfunks

- Gleichschaltung der Medien im Dritten Reich, in der DDR. Und jetzt zunehmend
auch bei uns?

- „Sichere private Altersversorgung? Dass ich nicht lache.“

Auch in der Financial Times Deutschland erkennt man den Fehler: Genug geriestert

Plädoyer für das bedingungslose Grundeinkommen

Menschen arbeiten in Jobs, die sie nicht mögen, um sich Dinge zu kaufen, die sie nicht brauchen.
Dieser Satz ist nicht von mir, und ich werde die Quelle hierfür nachreichen. Vielleicht wird Ihnen ja anhand dieses prägnanten Satzes die "Sinnhaftigkeit" unserer Wirtschaftsweise deutlich.
Viele Arbeiten sind unnötig. Gesamte Branchen sind unnötig (Finanzdienstleister) und manche ziehen sogar deutlich negative Folgen hinter sich her (Rüstungsindustrie). Die letzte argumentative Rückfallposition lautet dann meist: "Aber womit sollen die Leute dann ihr Geld verdienen?"
Wir leben in einer Zeit, in der die Produktivität zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit so hoch ist, daß jeder Mensch auf der Welt mit ausreichenden Nahrungsmitteln versorgt werden könnte, mit einem Dach über dem Kopf, mit Gesundheitsversorgung und mit frei zugänglichen Informationen. Dennoch wird an der herkömmlichen Arbeitswelt festgehalten.
Die Befürworter eines bedingungslosen Grundeinkommens bieten einen Ausweg an. Doch bevor diese überhaupt ihr Anliegen begründen können, werden die alten Gegenargumente herausgeholt, wovon die wichtigsten beiden folgende sind:
1. Wer macht dann all die unbeliebten Arbeiten, für die es nur einen geringen Lohn gibt?
2. Wer soll das finanzieren?
Die erste Frage läßt sich leicht beantworten: unbeliebte, aber notwendige Arbeiten müssen attraktiver gemacht werden - höhere Löhne und humanere Arbeitsbedingungen sind die zwei wichtigsten Anreize. Das Lohnabstandsgebot, welches die CDU immer wieder gern bemüht, wäre dadurch auch gesichert, denn wer arbeitet, hat dann immer mehr als der, der nicht arbeitet.
Die zweite Frage ist schon komplizierter, da es hierzu verschiedene Modelle gibt, die auch über die Höhe des bedingungslosen Grundeinkommens entscheiden. Ich benutze zur Beantwortung ein Reizwort der veröffentlichten Massenmeinung: Umverteilung. Von oben nach unten. Das Potential ist groß, denn bisher müssen die ärmeren 50 % aller Bundesbürger mit läppischen 4 % der Einkommen auskommen. Eine weitere Finanzierungsquelle ist Ersparnis: viele bisherige Sozialleistungen könnten wegfallen und vom bedingungslosen Grundeinkommen abgedeckt werden. Man bräuchte dann weder Hartz IV, Bafög, Kindergeld, Grundrenten, Krankengeld u.s.w.. Rechnen Sie mal alle Sozialleistungen in Deutschland zusammen und teilen es durch die Gesamtzahl der Bürger. Über 700 Euro sind es derzeit, die allerdings durch Ämter, Behörden, Arbeitsagenturen u.s.w. verwaltet, berechnet und kanalisiert werden. Stellen Sie sich nur mal vor, wie es wäre, wenn sich die Arbeitsagenturen zu 100% auf die Vermittlung von Arbeit konzentrieren könnten und nicht der Großteil ihrer Mitarbeiter mit der komplizierten Berechnung und Überprüfung von Millionen "Fällen" gebunden wäre.
Der Mensch ist weit mehr als nur seine Arbeitskraft. Wer seine Erfüllung und seinen Lebenssinn aus seiner Arbeit zieht, der kann sich glücklich schätzen, sofern er eine Arbeit hat. Aber der Mensch ist wesentlich komplexer, als dass er seinen Lebenssinn nur aus abhängiger Lohnarbeit ziehen kann und sollte!
Hier ein Beitrag von Studenten zum Grundproblem von Arbeit in unserem Wirtschaftssystem:

Was Menschen tun, wenn sie nicht müssen

Und hier noch etwas zum Lachen, falls Sie sich angegriffen fühlten durch meine Erwähnung überflüssiger Branchen und Berufe:
Volker Pispers - Berufsgruppen, die diese Welt nicht braucht