Donnerstag, 14. August 2008

Der vielbeschäftigte Mr. Zbigniew Brzezinsky

Seit über 30 Jahren übt Zbigniew Brzezinsky einen nicht zu unterschätzenden Einfluß auf die Außenpolitik der USA aus und steht damit in einer Reihe mit Henry Kissinger und Samuel P. Huntington. Obwohl er schon in den 60er Jahren als Berater der Kennedy- und Johnson-Regierung tätig war, gewann er massiv an Einfluß bei seinem Karrieresprung zum nationalen Sicherheitsberater der Carter-Regierung von 1977 bis 1981. Der studierte Politikwissenschaftler und frühere Leiter des Instituts für Kommunistische Angelegenheiten („Institute on Communist Affairs“) der Columbia University gilt als einer der schärfsten Hardliner gegenüber Russland und China. Wer sich von Präsidentschaftskandidat Barak Obama eine friedlichere US-Außenpolitik erwartet, sollte bedenken, daß dessen außenpolitischer Berater ebenfalls Brzezinsky ist und sogar zu einer Verschärfung der US-Außenpolitik führen könnte. In einem aktuellen Interview mit dem bürgerlichen Springer-Blatt „Welt“ vergleicht er Putin mit Hitler und nennt in fast schon erfrischender Offenheit die eigentliche Rolle Georgiens auf dem Schachbrett des Westens: die BTC-Pipeline (Baku-Tiflis-Ceyhan): „Die Widereinverleibung alter sowjetischer Gebiete in die Kontrollsphäre des Kremls und das Abschneiden des Zugangs des Westen zum Kaspischen Meer und Zentralasien durch das Erlangen der Kontrolle über die Baku/Ceyhan-Pipeline, die durch Georgien verläuft. Kurzum, es steht eine Menge auf dem Spiel. Es geht um den direkten Zugang zu immer knapper und teurer werdendem Öl.“
Dabei ist er sich nicht zu schade, die weltpolitischen Realitäten so zurecht zudrehen, daß seine Einschätzung im Bezug auf Russland tatsächlich nicht besser auf die US-Außenpolitik zutreffen könnte: „Es geht um den direkten Zugang zu immer knapper und teurer werdendem Öl. Und darum, wie sich eine Großmacht in der heutigen unabhängigen Welt verhält – ein Verhalten, das auf Entgegenkommen und Konsens basieren sollte, und nicht auf roher Gewalt.“
Hierbei handelt es sich um klassisches Orwellsches Doppelsprech. Schwarz ist weiß, und Krieg ist Frieden.
In seinem Interview suggeriert er, daß der Fehlschlag des georgischen Angriffs auf Südossetien (oder in seiner Darstellung: der Angriff Russlands auf Georgien) nicht geschehen wäre, wenn Georgien schon beim NATO-Treffen in Bukarest 2008 in das weltweite Interventionsbündnis aufgenommen worden wäre: „Wenn man sich anschaut was jetzt passiert ist, sollte die Nato nun doch ihren Aktionsplan auf Georgien ausweiten und somit den Versprechungen bezüglich einer baldigen Vollmitgliedschaft Georgiens, welche im März in Bukarest gemacht wurden, nachkommen.“
Hat Mr. Brzezinsky das Ende des Kalten Krieges verschlafen? Gewiss nicht. Doch was wäre nur der militärisch-industrielle Komplex ohne den ständigen Zufluss neuer Konflikte und Gegner?

Link zum Interview der „Welt“ mit Brzezinsky vom 11.8.2008