Freitag, 27. Februar 2009

Umgehender Rückzug aus Irak? Geheimgefängnisse schließen? Zentrale Wahlversprechen Obamas gebrochen.

Auch wenn die Zustimmungsraten zu Obama in den USA eine erste Entzauberung andeuten, so geben sich viele seiner Wähler – und auch die Menschen außerhalb der USA, die Hoffnung in ihn hegten - noch immer einer Illusion hin und ignorieren die Realität. Nach wie vor wird Obama für seine Äußerungen gelobt, selbst wenn die reale Politik in die entgegengesetzte Richtung verläuft. Teils nimmt es groteske Ausmaße an, wenn die früheren Kritiker Bushs nun die Militäreinsätze Obamas als notwendig verteidigen und inzwischen ebenfalls auf den Zug des Krieges gegen den Terror aufspringen. Gleichermaßen unkritisch sind etliche Obama-Anhänger, die Bush zuvor zurecht vorwarfen, eine Regierung voller Lobbyisten zu sein - und nun deren extreme Anhäufung in der Obama-Administration damit abtun, daß man ja in einer Krise Fachleute brauche. Der Unmut der Menschen gegenüber Bush wurde von den Medien professionell umgewandelt in eine fast schon bedingungslose Unterstützung Obamas - trotz gleicher Politik.

Für gebrochene Wahlversprechen Obamas gibt es inzwischen zahlreiche Beispiele:
  1. Unmittelbarer Rückzug aus dem Irak nach dem Amtsantritt:
    Sein wichtigstes Wahlversprechen hat Obama inzwischen mehrmals relativiert. Aus einem unmittelbaren Rückzug wurde ein Rückzug nach 6 Monaten, dann erst nach 12, dann nach 16 Monaten, und jetzt sind es offiziell 19 Monate, während 23 Monate zur Diskussion stehen, nach denen die Administration überlegen möchte, ob ein Teilrückzug mit einer permanenten Restpräsenz im Irak sinnvoll wäre. Hält man sich vor Augen, daß viele kriegsmüden US-Amerikaner ihn aufgrund dieses zentralen Wahlversprechens gewählt haben, so ist dies eine große Enttäuschung. Der militärisch-industrielle Komplex dürfte mit der Obama-Administration sehr zufrieden sein.
  2. Verringerung der Kriegsausgaben:
    Das schiere Gegenteil ist der Fall. Das exorbitant hohe Militärbudget von George W. Bush wurde im ersten Haushalt für das Jahr 2009 drastisch erhöht und nähert sich inzwischen der Grenze von einer Billion Dollar. Kein Staat der Welt hat in der gesamten Menschheitsgeschichte so hohe Summen für das Militär ausgegeben. Unter Bush betrugen die Militärausgaben zuletzt etwa eine dreiviertel Billion Dollar. Die Mehrausgaben, die nur zerstörerischen Zwecken dienen, fehlen im Inland zu einer Zeit, in der viele Menschen ihre Häuser verlassen müssen und in provisorischen Zeltstädten den Winter durchstehen müssen. Hinzu kommt der von Obama angekündigte Aufbau einer „zivilen“ Eingreiftruppe, die - in seinen Worten - genauso stark und genauso gut finanziert sein soll, wie das US-Militär.
  3. Rückkehr zur Einhaltung des Völkerrechts:
    Die verstärkten Angriffe unbemannter Flugdrohnen auf das souveräne Territorium Pakistans sprechen eine andere Sprache. Diese Angriffe wurden nach dem Amtsantritt Obamas befohlen (Reaktion Pakistans im Videoclip weiter unten). Vizepräsident Joe Biden und Berater Brzezinsky befürworten eine stärkere Konfrontation Pakistans und wollen den Iran als vermeintliche Bedrohung ausschalten. Das Recht auf zivile Nutzung von Kernkraft steht dem Iran völkerrechtlich zu und wird vom Westen, insbesondere den USA negiert. Besonders heuchlerisch ist dabei, daß gegenüber Israel, das nicht dem Atomwaffensperrvertrag beigetreten ist und schätzungsweise zwischen 150 bis 400 Atomwaffen besitzt, keinerlei Druck ausgeübt wird. Wer tatsächlich eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten realisieren will, muß in Dimona / Israel anfangen, um eine tatsächliche Aufrüstungsspirale zu verhindern.
  4. Die Truppen nach Hause bringen:
    Stattdessen wird die Anzahl der Truppen im Afghanistan-Krieg drastisch erhöht und um ca. 30.000 Soldaten aufgestockt. Zwar werden einige Soldaten vom Irak abgezogen, jedoch nur, um nach Afghanistan versetzt zu werden oder dem verfassungswidrigen US-Militär-Inlandskommando "NORTHCOM" zur Aufstandsbekämpfung unterstellt zu werden. "NORTHCOM" ist das Militär-Oberkommando für den nordamerikanischen Kontinent und verstößt gegen das eindeutige Verbot des Einsatzes der US-Armee im Inland.
  5. Geheimgefängnisse schließen und Folter beenden:
    Auch dieses Versprechen wurde gebrochen. Zwar soll das Geheimgefängnis Guantanamo nach einer Evaluation von 6 Monaten geschlossen werden, doch die als „Renditions“ bekannten illegalen Entführungen von Menschen durch die CIA in all die anderen Geheimgefängnisse sind weiterhin trotz gegenteiliger Rhetorik erlaubt. Auch die neue US-Administration hält sich nicht an die Menschenrechte und das unmißverständlich festgeschriebene und universell gültige Folterverbot und gestattet weiterhin die euphemistisch bezeichneten "harschen Verhörmethoden". Bezüglich des Foltergefängnisses Guantanamo stellt sich die Frage, wieso 6 Monate der Evaluation notwendig sind, um darüber nachzudenken, dieses Lager zu schließen, während es nur wenige Tage brauchte, den Bau komplett zu errichten. Die dort gewonnenen Geständnisse sind unbrauchbar und unglaubwürdig, da Gefangene gar Verbrechen gestanden, die erst nach ihrer Verhaftung verübt wurden.
  6. Rücknahme der Gesetze, mit denen George W. Bush die US-Verfassung ausgehöhlt hat:
    Von diesem Wahlversprechen ist nichts zu sehen. Illegale Abhörmaßnahmen der gesamten US-Bevölkerung, der Patriot Act 1 und 2, diktatorische Vollmachten für den US-Präsidenten wie die präsidiale Direktive 51 und der Homeland Security Act gelten nicht nur weiter, sondern werden unter dem Vorwand der Wirtschaftskrise weiter ausgebaut.
  7. Lobbyisten die Stirn bieten:
    Dieses Wahlversprechen wurde nicht nur nicht eingelöst, sondern die Anzahl der Lobbyisten unter den Kabinettsmitgliedern erreicht eine Rekordzahl und läßt damit sogar das Bush-Kabinett hinter sich. Oft bestimmen Personen, die eng mit bestimmten Konzerninteressen verflochten sind, nun die Richtung der Ministerien. Der Lobbyist mit der größten Macht ist dabei Timothy Geithner, Finanzminister und Verwalter der Bankengelder. Wie schon etliche seiner Vorgänger war auch Geithner Chef von Goldmann-Sachs. Weder das US-Repräsentantenhaus, noch der Senat oder Gerichte sind nach dem Bailoutgesetz befugt, Einsicht in die Verteilung seiner Bankenhilfsgelder zu nehmen. Der korrekte Begriff hierfür wäre: Bankendiktatur. Fast schon harmlos wirkt sich dagegen die Tatsache aus, das Geithner als Chef der Steuereintreibungsbehörde IRS zwar mit äußerster Härte gegen Steuersünder durchgreift, selbst aber jahrelang keine Steuern gezahlt hat. In jedem Rechtstaat wäre dies ein Rücktrittsgrund und ein Fall für die Richter. Doch die USA sind schon lange kein Rechtstaat mehr.
  8. In den Kongreß eingebrachte Gesetze sollen nicht mehr von den Abgeordneten blind und übereilt beschlossen, sondern 5 Tage, in denen die Abgeordneten und die Öffentlichkeit darüber diskutieren können, eingeräumt werden:
    Dieser richtige Ansatz, der die rechtzeitige Aufdeckung von lobbybestimmten Gesetzen und damit von Konzernkorruption ermöglicht hätte, wurde erst jüngst bei der Verabschiedung von Obamas Konjunkturprogramm konterkariert. Die Abgeordneten hatten gerade mal einen Tag Zeit, ein Gesetzespaket zu lesen, das über 1000 Seiten dick ist. Die Obama-Administration beschwörte die Dringlichkeit der Verabschiedung des Gesetzespakets, welches dann beschlossen wurde, ohne, daß auch nur ein einziger Abgeordneter es lesen konnte - wie schon bei der Verabschiedung des EU-Lissabon-Vertrages durch den deutschen Bundestag. Daß die Dringlichkeit von Obama nur vorgeschoben wurde, stellte er unter Beweis, als er nach der Verabschiedung des Gesetzes durch den Kongreß erst einmal in den Urlaub nach Chicago fuhr und ankündigte, seine Unterschrift erst nach seiner Rückkehr unter das Konjunkturpaket zu setzen. Wie essentiell eine gründliche Prüfung des Gesetzespakets durch die Abgeordneten gewesen wäre, zeigt der nächste Punkt.
  9. Einführung eines Krankenversicherungsschutzes für alle:
    Auch dieses Wahlversprechen wurde auf einen kleinen Rest eingedampft, denn nur Kinder sollen in den Genuß einer Krankenversicherung kommen. Zwar wird weiterhin diskutiert, ob auch Erwachsene eine universelle Krankenversicherung erhalten, doch das plante auch schon Bill Clinton und erreichte nichts. Hinzu kommt ein Skandal, der nicht zu unterschätzen ist – versteckt im Konjunkturpaket ist eine Begrenzung der Versorgung Kranker auf das Alter von 55 Jahren festgeschrieben. Bekommt z.B. jemand mit 56 Jahren eine normalerweise heilbare Augenkrankheit, so heißt es nun, daß dies in diesem Alter nicht ungewöhnlich ist und eine Erblindung der natürliche Gang der Dinge ist. Diese Diskussion gab es auch schon in Deutschland, jedoch konnte sich Phillipp Mißfelder, Vorsitzender der Jungen Union (CDU) mit der menschenfeindlichen Rationierung der Krankenversorgung für Ältere nicht durchsetzen. Die Obama-Administration hat mit diesem Schritt zivilisatorisches Allgemeingut hinter sich gelassen. Wer alt und krank ist, wird nicht mehr behandelt und wird dem Tod preisgegeben. Das ist eine Form von Euthanasie alter Menschen.
Es ist höchste Zeit, Obama an seinen Taten zu messen und sich nicht länger von seiner Rhetorik und dem medial gehypten Führerkult täuschen zu lassen. Obama ist das letzte und auch das beste und geschickteste Aufgebot des militärisch-industriell-medialen Bankenkomplexes. Seine Karriere wurde von Konzernstiftungen wie der Ford-Foundation und der Carnegie-Stiftung begleitet (welche in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts zugunsten eines faschistischen Regimes Roosevelt aus dem Amt putschen wollten – ein Versuch, der vereitelt wurde, ohne jedoch die Verantwortlichen wie Prescott Bush, Großvater von George W. Bush, zur Rechenschaft zu ziehen), und während er sich rhetorisch gegen Bankengier ausspricht, ist er gleichzeitig ihr ergebenster Diener. Für jeden Dollar, den er in das Schwarze Loch der Banken steckt, gibt er nur einen Cent für die Bedürfnisse der wirklich notleidenden Menschen aus. Die wenigen politischen Beschlüsse, die positiv zu werten sind, dienen nur als vermeintlich linkes Ablenkungsmanöver für den größten Raub der Geschichte - Schaufensterpolitik. Die Kritik von US-Republikanern, das Obama ein Kommunist oder Sozialist sei, ist mehr als abwegig. Wer Verluste von Banken und Konzernen sozialisiert und Gewinne privatisiert, der entspricht mehr Mussolinis Definition von Faschismus: "Faschismus sollte man besser Korporativismus nennen, weil es die Verschmelzung der Staatsmacht mit der Konzernmacht darstellt."

Videoclip an Obama-Anhänger:

Links hierzu (deutsch):
Links hierzu (englisch):