Dienstag, 2. September 2008

Zensur in der ARD

Leider, leider gab es im Zusammenschnitt des ARD-Interviews von Thomas Roth mit Vladimir Putin keinen Platz mehr für die Passagen, in denen sowohl Putin als auch Herr Roth feststellen, daß Georgien Auslöser des aktuellen Konflikts war. So ist es eben mit Zeitmangel. Aber Zensur gibt es in Deutschland natürlich nicht. Wir haben freie Medien.

Entschuldigen Sie bitte meine Ironie - hier Beispiele für weggeschnittene Teile des Interviews:

Wladimir Putin: Was meinen Sie, wer hat den Krieg begonnen?
Thomas Roth: Der letzte Auslöser war der georgische Angriff auf Zchinwali.
Wladimir Putin: Ich danke Ihnen für diese Antwort. So ist es auch, das ist die Wahrheit. Wir werden dieses Thema später ausführlicher erörtern. Ich möchte nur anmerken, dass wir diese Situation nicht herbeigeführt haben.


Auch folgende Passage fand die ARD zu unwichtig für den Zusammenschnitt:
„Wir wissen, dass es dort viele amerikanische Berater gegeben hat. Instruktoren, Lehrer im weiten Sinne, Personal, welches die Nutzung der gelieferten Technik zeigt, sie alle müssen sich wo befinden? Auf Übungsanlagen und in den Übungszentren. Und wo waren diese Leute? In der Kampfzone! Und das drängt den Gedanken auf, dass die amerikanische Führung über die vorbereitete Aktion Bescheid wusste, und mehr noch - an dieser teilgenommen hat. Ohne einen Befehl der obersten Führung dürfen sich amerikanische Bürger nicht in der Konfliktzone aufhalten. Das ist die Frage: wieso hat die Führung der USA es ihren Bürgern erlaubt, sich dort aufzuhalten, wo sie kein Recht dazu hatten? Und wenn sie es erlaubt haben, dann habe ich die Vermutung, dass es mutwillig passiert ist, um einen kleinen, siegreichen Krieg zu organisieren. Und falls das schiefläuft, Rußland in die Rolle des Gegners zu drängen, um daraufhin das Wahlvolk hinter einem der Präsidentschaftskandidaten zu vereinigen. Natürlich dem der Regierungspartei, da nur diese über eine solchen Ressource verfügen kann.“

Putin sprach auch das Selbstwertgefühl der europäischen Nationen an:
„Das Weiße Haus ordnete an, und alle führen es aus. Wenn die europäischen Länder auch weiterhin eine solche Politik führen, dann werden wir über europäische Angelegenheiten in Zukunft mit Washington reden müssen.“
„Das Ansehen solcher Länder, die es zur Regel gemacht haben, die außenpolitischen Interessen anderer Länder zu bedienen und die eigenen nationalen Interessen dabei zu vernachlässigen – unabhängig davon, wie sie es erklären – wird sinken.“

Auch erinnerte er an gemeinsame Werte zwischen Europa und Russland:
"In den USA gibt es immer noch die Todesstrafe, in Russland und Europa gibt es die nicht."
„Jetzt zu einem anderen Wert: Pressefreiheit. Sehen Sie nur, wie diese Ereignisse in der amerikanischen Presse beleuchtet werden, die als leuchtendes Beispiel der Demokratie gilt. In der europäischen ist es ähnlich. Massiver Beschuss von Zchinwali, Vorstoß der georgischen Truppen, es gab bereits vielfache Opfer – und niemand hat auch nur ein Wort darüber verloren. Auch Ihre Anstalt hat geschwiegen, alle amerikanischen Anstalten. So, als ob gar nichts passiert. Stille. Erst als der Aggressor Gegenwehr erhielt und seine amerikanische Ausrüstung fluchtartig zurückgelassen hatte, erinnerten alle an das internationale Völkerrecht und das böse Russland. Da waren alle wieder auf der Stelle. Wieso eine solche Willkür?“
„Wir wollen normale wirtschaftliche Beziehungen zu allen unseren Partnern. Wir sind ein sehr zuverlässiger Partner. Als wir Anfang der 60er die Pipeline in die BRD gebaut haben, hat unser transatlantischer Partner den Deutschen geraten, nicht zuzustimmen. Damals hat die Führung Deutschlands die richtige Entscheidung getroffen und die Pipeline wurde zusammen mit der Sowjetunion gebaut. Heute ist sie eine der zuverlässigsten Gas-Quellen für die deutsche Wirtschaft. 40 Milliarden Kubikmeter erhält Deutschland jährlich. Und das wird es auch weiterhin. Das garantiere ich.“

Ferner skizzierte Putin den Stand der Demokratie der georgischen Regierung, welche in die EU und NATO strebt:
"Wissen Sie denn nicht, was sich in Georgien in den letzten Jahren abgespielt hat? Der rätselhafte Tod des Ministerpräsidenten Shwania, die Niederschlagung der Opposition, die physische Zerschlagung von Protestmärschen der Oppositionellen, Durchführung von Wahlen während eines Ausnahmezustands und jetzt diese verbrecherische Aktion in Ossetien mit vielen Toten."

Das russische Fernsehen übertrug dieses Interview ungekürzt. Sehen Sie hier die vollständige Fassung mit deutschen Untertiteln:



Links zu diesem journalistischen "Meisterstück":
Die Behandlung des Putin-Interviews in der ARD – Platz 1 der "Manipulation des Monats"
Das Interview
ARD zensiert wesentliche Aussagen Putins
Verstümmeltes Putin-Interview: Interviewer Roth verteidigt sich

1 Kommentar:

  1. Werte Damen und Herren der ARD,
    liebe Mitbürgerinnen und -bürger,

    helle Empörung geht um in unserem ansonsten recht tranigen Vaterland!
    War das ein 'Interview'?
    War das Zensur?
    War das Gefälligkeitsjournalismus?
    Oder einfach Hofberichterstattung?

    Fragen über Fragen, die ausführlich von kompetenten Leuten hier diskutiert worden sind.
    Der Tenor der Einschätzungen kann für die öffentlich-rechtlichen Medien nur als total verheerend bezeichnet werden.

    Deshalb erübrigen sich weitere Ausführungen zum Fall Roth. Einige grundsätzliche Anmerkungen jedoch sind gleichwohl geboten.

    Wenn man demoskopischen Erhebungen glauben darf, so haben Politiker (ganz unten) neben Journalisten das schlechteste Standing bei der Bevölkerung. Das heißt, dass die Bevölkerung durchaus nicht grundsätzlich mit der Arbeit der Medien einverstanden ist und Ungereimtheiten selbstverständlich zu registrieren weiß.

    Die Medien sollten das Schweigen der Mehrheit nicht als Zustimmung missdeuten. Auch die Mehrheit ist des Denkens fähig.
    Die Mehrheit ist mit Politik und Medien schlicht und einfach unzufrieden!

    Politik und Medien fallen über einen Menschen her, den sie als "Florida-Rolf" gebrandmarkt haben, aber von weiteren 'Liechenstein-Nikoläusen' hört man nichts.
    Für Ersteren wurden sogar Gesetze geändert, bei Letzteren wird geschwiegen.

    Welch eine beschämende Doppelmoral!

    Heute, wie regelmäßig, wird wieder von Preisabsprachen von Firmen in der Zeitung berichtet, wieder wird der Bürger geschädigt.

    Wieder wird der Bürger getäuscht und betrogen.
    Das ist die bittere Wirklichkeit in unserem Land.

    Und nun soll der georgische Aggressor auch noch wirtschaflich unterstützt werden?
    Das ist pure Unmoral!

    Wir sind das Volk.

    Nicht Frau Merkel.
    Oder die Medien.

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